2021 Heft 4
Artikel
Die WUG Redaktion, (2021), Konsumerhebung und Verbraucherpreisindex, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S457-468
Abstract zeigen
Die Covid-19-Pandemie hat die gewohnten wirtschaftlichen Abläufe in vielen Bereichen
stark beeinflusst. Die Einzigartigkeit dieser Krise stellte und stellt somit ebenso
die amtliche Statistik vor neue methodische Herausforderungen, Adaptionen des statistischen
Methodeninventars wurden nötig. Das betrifft vor allem bei der Preiserhebung die verstärkte
Nutzung von Scannerdaten und die Anwendung saisonaler Fortschreibungen bei der Indexberechnung;
dies erfordert Kreativität, aber immer auch den Bezug zu vorhandenen und bewährten
Methoden; es galt und gilt der Grundsatz „faute de mieux“. Wenn es gelingt, diese
durchaus außergewöhnliche Situation mit geeigneten Erhebungs- und Analysemethoden
zu bewältigen, dann hat man eine Art Blaupause für künftige Krisen gleicher Gestalt
geschaffen, zumindest was deren nummerische/statistische Beschreibung betrifft. Das
hat politische Konsequenzen. Amtliche Statistiken sind die Grundlage jeder evidenzbasierten
Wirtschaftspolitik. Bei Mikroerhebungen stehen die Lebensrealitäten der Vielen jedenfalls
gleichberechtigt im Fokus der Aufmerksamkeit, während in synthetischen Statistiken
wie den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen finanzstärkeren AgentInnen ein größeres
Gewicht zukommt. Um die Volkswirtschaft an allen Stellen der Einkommens- und Vermögensverteilung
zu verstehen und die Auswirkungen von Veränderungen einschätzen zu können, ist eine
seriöse Diskussion über Erhebung und Analyse unverzichtbar. Wir unterziehen deshalb
die Situation bei der Konsumerhebung, der Preiserhebung bzw. der Inflationsberechnung
einer näheren Betrachtung. Denn wie schon 2008 im Finanzsektor zeigte sich in der
Corona- Pandemie, dass selbst bei scheinbar einfach zu erhebenden Daten wie den Konsumausgaben
nicht nur die Probleme größer werden, etwa in den Lieferketten oder bei Kostenüberwälzungen,
auch ihre Erfassung in der Statistik wird schlechter.
Franz Astleithner, Bettina Stadler, (2021), Arbeitszeitverkürzung in Betrieben - Modelle und Praxis, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S469-510
Abstract zeigen
Mit unserem Beitrag stellen wir die Ergebnisse von Fallstudien zur Arbeitszeitpraxis
und Formen der Arbeitszeitverkürzung in fünf österreichischen Unternehmen vor. Ausgewählt
wurden Unternehmen in Branchen, die sich in Hinblick auf die Art der Tätigkeit, das
Qualifikationsniveau der Beschäftigten und die geltenden kollektivvertraglichen Regelungen
zur Arbeitszeitverkürzung möglichst unterscheiden. Für die Untersuchung werden alle
Regelungen und Praxen, die zu kürzerer Normalarbeitszeit führen können, als direkte
Arbeitszeitverkürzung definiert, egal ob damit die wöchentliche oder die jährliche
Arbeitszeit reduziert wird (z.B. in einer Betriebsvereinbarung vereinbarte zusätzliche
freie Tage). Hinzu kommen Aspekte der indirekten Arbeitszeitverkürzung, dies sind
Regelungen und Praktiken, die zu einer faktischen Verkürzung der tatsächlichen Arbeitszeit
führen können, ohne das Arbeitsausmaß innerhalb eines Vollzeit-Arbeitsplatzes zu verändern
(z.B. bessere Möglichkeiten, zusätzliche Arbeitsstunden in Form von Gleittagen als
Freizeit zu konsumieren oder das Recht auf Sabbaticals). Die von uns gewählten Fallbeispiele
machen die große Heterogenität der Arbeitszeitpraxis in den Unternehmen deutlich.
Aus einer detaillierten Beschreibung der Formen von Arbeitszeitverkürzung, der Bedürfnisse
und Wünsche der ArbeitnehmerInnen und der Perspektiven von Betriebsrat und Management
werden fördernde und hemmende Faktoren für Arbeitszeitverkürzung synthetisiert. Förderlich
für Arbeitszeitverkürzung ist vor allem der Wunsch von Unternehmen als attraktiver
Arbeitgeber zu gelten und die Motivation und Produktivität der Belegschaft hoch zu
halten. Auf Ebene der Beschäftigten führt aber auch die Notwendigkeit, belastende
Tätigkeiten auszugleichen, zu kürzeren Arbeitszeiten. Ein aktiver Betriebsrat hat
hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung eine wichtige Schutzfunktion. Hemmende Faktoren
finden sich bei Geringqualifizierten mit niedrigen Stundenlöhnen, die kürzere Arbeitszeiten
ohne Lohnausgleich vor existenzielle Probleme stellen würden. Auch eine hohe Fluktuation
im Unternehmen, hoher Kostendruck und eine dünne Personaldecke wirken ebenso wie eine
wenig flexible Arbeitsorganisation hemmend für kürzere Arbeitszeiten.
Christina Siegert, (2021), Erwerbsarmut in Österreich aus Geschlechterperspektive, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S511-535
Abstract zeigen
Der Beitrag widmet sich anhand österreichischer EU-SILC-Querschnittsdaten (2017—2019)
der Frage, ob und wie sich unselbständig beschäftigte Frauen und Männer hinsichtlich
ihres Erwerbsarmutsrisikos auf Basis des Personeneinkommens unterscheiden. Dazu werden
auf Basis der individuellen Beschäftigungssituation, des gestaffelten Personeneinkommens
(Erwerbseinkommen, andere Personeneinkommen, anteilige Haushaltseinkommen) und haushaltsspezifischer
Armutsschwellen Erwerbsarmutsquoten für Frauen und Männer ausgewiesen. Ausgehend von
Überlegungen zur Arbeitsmarktbenachteiligung und finanzieller Abhängigkeit von Frauen
stehen geschlechts- und haushaltsspezifische Beschäftigungsstrategien, erfasst durch
Beschäftigungsausmaß und Lohnhöhe, und deren Konsequenzen für das individuelle Erwerbsarmutsrisiko
im Zentrum der Analyse. Potenzielle Zusammenhänge werden mit Hilfe von Kontingenz-
und logistischen Regressionsanalysen überprüft, womit dieser Beitrag neue Erkenntnisse
über die haushalts- und geschlechterspezifische Situation unselbständig beschäftigter
working poor in Österreich liefert. Die Resultate weisen darauf hin, dass Frauen häufiger
teilzeit- und niedriglohnbeschäftigt sind und in Paarhaushalten mehrheitlich nur einen
Zuverdienst zum Haushaltseinkommen leisten, während Männer überwiegend Allein- oder
Hauptverdiener sind. Frauen sind stärker als Männer auf Einkommenskomponenten jenseits
des eigenen Erwerbseinkommens angewiesen, um Erwerbsarmut zu vermeiden. Aber nicht
Frauen per se, sondern ausschließlich (die überwiegend teilzeitbeschäftigten) Mütter
sind gegenüber Männern einem erhöhten Erwerbsarmutsrisiko ausgesetzt. Könnten Mütter
nur auf ihr Erwerbseinkommen oder andere Personeneinkommen zurückgreifen, wäre mindestens
jede Zweite von ihnen working poor.
Andreas Maschke, Florentin Kerschbaumer, (2021), The Implications for Inequality of Economic and Monetary Union, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S537-574
Abstract zeigen
Versprechen von wirtschaftlicher Konvergenz und größerem materiellen Wohlstand haben
den Prozess der wirtschaftlichen Integration Europas stets begleitet. Dessen Auswirkungen
auf die Einkommensverteilung innerhalb von einzelnen Ländern haben in der akademischen
Forschung jedoch bisher vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit erlangt. Dieser Artikel
ergänzt die bestehende Literatur, indem er die Folgen der wirtschaftlichen Integration
Europas auf nationale Einkommensverteilungen mittels der synthetischen Kontrollmethode
(engl. „synthetic control method“) schätzt. Diese Schätzmethode mildert gängige Bedenken
in ökonometrischen Paneldatenanalysen bezüglich der Identifikation von Effekten. Signifikante
Effekte der Euroeinführung – der bisherige Höhepunkt der wirtschaftlichen Integration
– werden aus einem Sample von acht Ländern für Deutschland und Spanien gefunden. Von
den verschiedenen Wirkungsmechanismen, die in der Literatur diskutiert werden, unterstützen
diese Ergebnisse die Wachstumsregime-Perspektive
Besprechungsartikel
Klassismus
Betina Aumair, Theißl Brigitte, (2020) Klassenreise. Wie die soziale Herkunft unser Leben prägt (ISBN: 978-3-99046-429-8),
Riccardo Altieri, Bernd Hüttner, (2020) Klassismus und Wissenschaft. Erfahrungsberichte und Bewältigungsstrategien (ISBN: 978-3-93986-428-8),
Francis Seeck, Brigitte Theißl, Aktivist*innen der Solidarischen Aktion Neukölln, (2020) Solidarisch gegen Klassismus. Organisieren, intervenieren, umverteilen (ISBN: 978-3-89771-296-6),
Besprochen von Julia Hofmann, Julia Walter, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S575-585 PDF HerunterladenBuchbesprechung
Alternativen im alternativlosen Kapitalismus
Branko Milanovic, (2020) Kapitalismus global. Über die Zukunft des Systems, das die Welt beherrscht (ISBN: 978-3-518-42923-5),
Besprochen von Michael Ertl, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S587-592 Besprechung HerunterladenMarxismus für die 99 %
Hadas Thier, (2020) A People’s Guide to Capitalism. An introduction to Marxist Economics (ISBN: 978-1-64259-169-9),
Besprochen von Patrick Mokre, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S593-595 Besprechung HerunterladenKarl Marx, der Feminist?Besprochen von Christina Siegert, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S596-599 Besprechung Herunterladen
Grundlagen feministischer Ökonomie: Silvia Federicis zentrale Texte aus 40 Jahren.
Silvia Federici, (2021) Revolution at Point Zero. Hausarbeit, Reproduktion und feministischer Kampf (ISBN: 978-3-89771-331-4),
Besprochen von Jana Schultheiss, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S600-603 Besprechung HerunterladenDas Gift der Ungleichheit
Dierk Hirschel, (2020) Das Gift der Ungleichheit. Wie wir die Gesellschaft vor einem sozial und ökologisch
zerstörerischen Kapitalismus schützen können. (ISBN: 978-3-8012-0570-6),
Besprochen von Eva Six, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S604-607 Besprechung HerunterladenDie Erste Industrielle Revolution in der britischen Textilindustrie
Barbara Hahn, (2020) Technology in the Industrial Revolution (ISBN: 978-1-316-63746-3),
Besprochen von Michael Mesch, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S608-621 Besprechung HerunterladenKein Ende der Geschichte
Joseph A. Schumpeter, (2020) Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Mit einer Einführung von Heinz D. Kurz.
10. ergänzte Auflage (ISBN: 978-3-8252-5317-2),
Besprochen von Josef Zuckerstätter, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S622-630 Besprechung HerunterladenMehr als tausend WorteBesprochen von Matthias Schnetzer, Wirtschaft und GesellschaftAK-Wien 2021, Band 47 Nr.4, S631-633 Besprechung Herunterladen